Siwa
Der ursprüngliche Name dieser Göttin - eine der wenigen Göttinnen des slawischen Pantheons - dürfte Živa, "Die Lebende", gelautet haben. Helmold von Bosau nennt sie in seiner Slawenchronik Siva. Sie war die Hauptgöttin der Polaben und hatte ihren größten Tempel auf einem Hügel in Ratzeburg, dem später so genannten "Polabenberg". Auch ein großer Steinkreis soll sich dort befunden haben. Nach dem Abriß des Tempels hat man an dieser Stelle den Ratzeburger Dom errichtet. Heiligtümer der Göttin hat es auch in Rethra und womöglich an weiteren Orten gegeben.
Siwa wurde als nackte junge Frau mit bekränztem Haupt und bis zu den Knieen herabwallendem Haar dargestellt und war eine Göttin des Lebens und des Glückes, der Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit. Als solche steht sie an der Seite von Aphrodite, Venus und Freyja, weist aber eine stärkere Betonung des vegetativen Fruchtbarkeitsaspekts auf: So zeigen sie manche Abbildungen mit einem Apfel und einer Weintraube in den Händen - allerdings handelt es sich dabei um deutlich spätere Illustrationen, bei denen nicht eindeutig klar ist, inwiefern sie sich noch auf eine lebendige, mündliche Überlieferung stützten oder der Göttin stereotype Attribute einer Fruchtbarkeitsgöttin - nach antik-humanistischem Vorbild - zuschrieben.
Letztlich läßt sich die Frage, was denn wirklich die "authentischen" Eigenschaften und Attribute einer Gottheit waren, niemals allgemein beantworten, da diese zu allen Zeiten dem Wandel unterlagen. Allenfalls kann man, wenn genügend Zeugnisse erhalten sind, ihre Darstellung in einer bestimmten Zeit beschreiben. Freilich liegen die Aspekte einer Liebes- und einer Fruchtbarkeitsgöttin nahe beieinander. Vielleicht vereinten die slawischen Gottheiten mehr Aspekte als diejenigen anderer Kulturkreise, weil ihre Zahl relativ gering war, und sie hatten daher ein sehr komplexes Erscheinungsbild; vielleicht waren sie aber auch zahlreicher, als es heute den Anschein hat. Das Wissen über die alten Gottheiten und ihre Verehrung wurden zunächst verdrängt und sodann, nach einigen Jahrhunderten, weitgehend vergessen.
Ernst Schmaler erwähnt 1843 im Anhang seiner Volksliedersammlung der Lausitz auch eine Göttin namens Džiwica, die als junge, schöne Jägerin in den Wäldern umherstreift; als einsame Jagd- und Waldgöttin erinnert sie stark an Diana, die Göttin der wilden, unberührten, "jungfräulichen" Natur.
1846 berichtet W. Neumann in seiner "Geschichte der Kreisstadt Lübben", daß es dort auch den Tempel und das Bildnis einer Göttin Liuba gegeben habe; an letzteres hätten sich damals noch die älteren Einwohner der Stadt erinnern können, später sei es aber vernichtet worden. Im Jahre 1854 hat man daraufhin im Großen Hain von Lübben, dem mutmaßlichen Ort der Kultstätte, in der Nähe eines "Lubans Eiche" genannten Baumes ein steinernes Denkmal mit der Aufschrift "Liuba" errichtet. Ihr Name bedeutet im Wendischen "Die Liebreizende", würde also zum Bild Siwas gut passen, allerdings ist unklar, ob es sich um eine lokale Variante Siwas oder um eine andere Göttin handelt.
Werner Meschkank, dem wir diese Hinweise verdanken ("Wendengötter", S. 67ff.), deutet auch einen Bezug zum indischen Shiva an, der sowohl ein Gott der Zeugung als auch der Zerstörung ist. In manchen Traditionen vereint er auch das Männliche und Weibliche. Eine Urverwandtschaft slawischer und indischer Götter mag aufgrund der gemeinsamen indoeuropäischen Wurzel grundsätzlich bestehen; ob sie aber auch in diesem Fall vorliegt, ist fraglich.
Quelle: Wendisches-Heidentum
Der ursprüngliche Name dieser Göttin - eine der wenigen Göttinnen des slawischen Pantheons - dürfte Živa, "Die Lebende", gelautet haben. Helmold von Bosau nennt sie in seiner Slawenchronik Siva. Sie war die Hauptgöttin der Polaben und hatte ihren größten Tempel auf einem Hügel in Ratzeburg, dem später so genannten "Polabenberg". Auch ein großer Steinkreis soll sich dort befunden haben. Nach dem Abriß des Tempels hat man an dieser Stelle den Ratzeburger Dom errichtet. Heiligtümer der Göttin hat es auch in Rethra und womöglich an weiteren Orten gegeben.
Siwa wurde als nackte junge Frau mit bekränztem Haupt und bis zu den Knieen herabwallendem Haar dargestellt und war eine Göttin des Lebens und des Glückes, der Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit. Als solche steht sie an der Seite von Aphrodite, Venus und Freyja, weist aber eine stärkere Betonung des vegetativen Fruchtbarkeitsaspekts auf: So zeigen sie manche Abbildungen mit einem Apfel und einer Weintraube in den Händen - allerdings handelt es sich dabei um deutlich spätere Illustrationen, bei denen nicht eindeutig klar ist, inwiefern sie sich noch auf eine lebendige, mündliche Überlieferung stützten oder der Göttin stereotype Attribute einer Fruchtbarkeitsgöttin - nach antik-humanistischem Vorbild - zuschrieben.
Letztlich läßt sich die Frage, was denn wirklich die "authentischen" Eigenschaften und Attribute einer Gottheit waren, niemals allgemein beantworten, da diese zu allen Zeiten dem Wandel unterlagen. Allenfalls kann man, wenn genügend Zeugnisse erhalten sind, ihre Darstellung in einer bestimmten Zeit beschreiben. Freilich liegen die Aspekte einer Liebes- und einer Fruchtbarkeitsgöttin nahe beieinander. Vielleicht vereinten die slawischen Gottheiten mehr Aspekte als diejenigen anderer Kulturkreise, weil ihre Zahl relativ gering war, und sie hatten daher ein sehr komplexes Erscheinungsbild; vielleicht waren sie aber auch zahlreicher, als es heute den Anschein hat. Das Wissen über die alten Gottheiten und ihre Verehrung wurden zunächst verdrängt und sodann, nach einigen Jahrhunderten, weitgehend vergessen.
Ernst Schmaler erwähnt 1843 im Anhang seiner Volksliedersammlung der Lausitz auch eine Göttin namens Džiwica, die als junge, schöne Jägerin in den Wäldern umherstreift; als einsame Jagd- und Waldgöttin erinnert sie stark an Diana, die Göttin der wilden, unberührten, "jungfräulichen" Natur.
1846 berichtet W. Neumann in seiner "Geschichte der Kreisstadt Lübben", daß es dort auch den Tempel und das Bildnis einer Göttin Liuba gegeben habe; an letzteres hätten sich damals noch die älteren Einwohner der Stadt erinnern können, später sei es aber vernichtet worden. Im Jahre 1854 hat man daraufhin im Großen Hain von Lübben, dem mutmaßlichen Ort der Kultstätte, in der Nähe eines "Lubans Eiche" genannten Baumes ein steinernes Denkmal mit der Aufschrift "Liuba" errichtet. Ihr Name bedeutet im Wendischen "Die Liebreizende", würde also zum Bild Siwas gut passen, allerdings ist unklar, ob es sich um eine lokale Variante Siwas oder um eine andere Göttin handelt.
Werner Meschkank, dem wir diese Hinweise verdanken ("Wendengötter", S. 67ff.), deutet auch einen Bezug zum indischen Shiva an, der sowohl ein Gott der Zeugung als auch der Zerstörung ist. In manchen Traditionen vereint er auch das Männliche und Weibliche. Eine Urverwandtschaft slawischer und indischer Götter mag aufgrund der gemeinsamen indoeuropäischen Wurzel grundsätzlich bestehen; ob sie aber auch in diesem Fall vorliegt, ist fraglich.
Quelle: Wendisches-Heidentum