Forward from: Arminius Erben
TEIL 3/4
Davon hing ab, ob Deutschland seinen Atomausstieg gefahrlos durchziehen kann.
Vor diesem Hintergrund schrieb Robert Habeck am 8. August 2022 an die Ministerin für die Energiewende in Paris:
„Liebe Agnes,
am Rande des Energieministerrates haben wir über die Energiesituation in unseren Ländern gesprochen. Du sagtest, dass das Ziel der französischen Regierung ist, zum 1. November 2022 40 Gigawatt AKW-Leistung und zum 1. Januar 2023 50 Gigawatt am Netz zu haben. Kannst Du mir bestätigen, dass ich das richtig erinnert habe? (...)
Beste Grüße
Dein Robert“
Dass dieses Schreiben für den Grünen-Politiker – der auf französischen Atomstrom hoffte, damit er die eigenen Kernkraftwerke stilllegen konnte – peinlich werden kann, war seinen Mitarbeitern offenbar bewusst. Denn sie behandelten es sogar innerhalb des Ministeriums als Geheimsache. Weil Habeck keine schnelle Antwort von Agnès Pannier-Runacher erhielt, weihte seine Büroleiterin einen kleinen Kreis Vertrauter ein. Sie schickte ihnen den Brief am 18. August 2022 per E-Mail und betonte: „Ich bitte darum, den Brief vertraulich zu behandeln und nicht weiterzuleiten. Danke!“ Es galt zu vermeiden, dass er an die Öffentlichkeit gelangt.
„Wir haben hierzu noch keine Rückmeldung aus Frankreich erhalten“, schrieb Habecks Büroleiterin außerdem. „Eine kurzfristige schriftliche Bestätigung seitens Frankreich (innerhalb der nächsten Woche) wäre allerdings wichtig. BM bittet daher darum, dass unsere FE auf die französische FE zugeht. BM hat am 29.08 ein Telefonat mit der Energieministerin und wird bei der Gelegenheit das Thema ebenfalls ansprechen.“ BM steht für Bundesminister, FE für Fachebene, also die zuständigen Beamten in der Strom-Abteilung des Ministeriums.
Krisentelefonat mit der Ministerin
Einen Tag später, am 19. August 2022, antwortete Pannier-Runacher schließlich. Sie schrieb an Habeck einen deutlich längeren und deutlich förmlicheren Brief. Auf Habecks Geduze ging sie nicht ein, sondern sprach ihn mit „Monsieur le Vice-Chancelier“ (Herr Vizekanzler) an und siezte ihn durchgehend. Auf seine dringende Frage nach dem Atomstrom antwortete sie: „Was die Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke betrifft, ist es unser Ziel, Anfang 2023 eine Kapazität von mindestens 50 Gigawatt zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das Wartungsprogramm für die EDF-Reaktoren allerdings ohne nennenswerte Verzögerung umgesetzt werden.“ Da Verzögerungen nie ausgeschlossen werden können, war das keine Garantie. Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber haben daraufhin bei ihrem Stresstest im Extremszenario mit maximal 40 Gigawatt Kernkraft in Frankreich gerechnet.
Die französische Energieministerin nutzte die Gelegenheit, um ihren deutschen Amtskollegen auf einen in Brüssel tobenden Grundsatzstreit anzusprechen. Deutschland versucht dort seit Jahren, Kernkraft im europäischen Regelwerk gegenüber „Erneuerbaren Energien“ zu benachteiligen. „Im gleichen Geist der Solidarität und der gegenseitigen Anerkennung der unterschiedlichen Wege, die unsere beiden Staaten zur Erreichung der CO2-Neutralität eingeschlagen haben, wünschen sich die französischen Behörden eine engere Zusammenarbeit mit ihren deutschen Partnern, um im europäischen Recht eine faire und ausgewogene Regelung zu schaffen“, schrieb Pannier-Runacher. „Die Dekarbonisierung des europäischen Energiemixes muss Priorität haben und gleichzeitig unsere Energieunabhängigkeit stärken.“
In Habecks Akten findet sich zudem ein Dokument zur Vorbereitung seines Telefonats mit der französischen Ministerin am 29. August 2022. Darin stand: „FRA betont, auf DEU Unterstützung bei Stromversorgung im kommenden Herbst/Winter angewiesen zu sein. FRA ist es wichtig, dass wir im Winter ausreichend Strom nach FRA liefern (explizite Erwähnung europ. Solidarität).“ Und als eigene Position dazu: „DEU sollte nicht die Verantwortung dafür bekommen, wenn FRA aufgrund der zunehmenden Alterung seiner AKW-Parks in Versorgungssicherheitsprobleme gerät.
@arminius_erben
Teil 4/4👇
Davon hing ab, ob Deutschland seinen Atomausstieg gefahrlos durchziehen kann.
Vor diesem Hintergrund schrieb Robert Habeck am 8. August 2022 an die Ministerin für die Energiewende in Paris:
„Liebe Agnes,
am Rande des Energieministerrates haben wir über die Energiesituation in unseren Ländern gesprochen. Du sagtest, dass das Ziel der französischen Regierung ist, zum 1. November 2022 40 Gigawatt AKW-Leistung und zum 1. Januar 2023 50 Gigawatt am Netz zu haben. Kannst Du mir bestätigen, dass ich das richtig erinnert habe? (...)
Beste Grüße
Dein Robert“
Dass dieses Schreiben für den Grünen-Politiker – der auf französischen Atomstrom hoffte, damit er die eigenen Kernkraftwerke stilllegen konnte – peinlich werden kann, war seinen Mitarbeitern offenbar bewusst. Denn sie behandelten es sogar innerhalb des Ministeriums als Geheimsache. Weil Habeck keine schnelle Antwort von Agnès Pannier-Runacher erhielt, weihte seine Büroleiterin einen kleinen Kreis Vertrauter ein. Sie schickte ihnen den Brief am 18. August 2022 per E-Mail und betonte: „Ich bitte darum, den Brief vertraulich zu behandeln und nicht weiterzuleiten. Danke!“ Es galt zu vermeiden, dass er an die Öffentlichkeit gelangt.
„Wir haben hierzu noch keine Rückmeldung aus Frankreich erhalten“, schrieb Habecks Büroleiterin außerdem. „Eine kurzfristige schriftliche Bestätigung seitens Frankreich (innerhalb der nächsten Woche) wäre allerdings wichtig. BM bittet daher darum, dass unsere FE auf die französische FE zugeht. BM hat am 29.08 ein Telefonat mit der Energieministerin und wird bei der Gelegenheit das Thema ebenfalls ansprechen.“ BM steht für Bundesminister, FE für Fachebene, also die zuständigen Beamten in der Strom-Abteilung des Ministeriums.
Krisentelefonat mit der Ministerin
Einen Tag später, am 19. August 2022, antwortete Pannier-Runacher schließlich. Sie schrieb an Habeck einen deutlich längeren und deutlich förmlicheren Brief. Auf Habecks Geduze ging sie nicht ein, sondern sprach ihn mit „Monsieur le Vice-Chancelier“ (Herr Vizekanzler) an und siezte ihn durchgehend. Auf seine dringende Frage nach dem Atomstrom antwortete sie: „Was die Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke betrifft, ist es unser Ziel, Anfang 2023 eine Kapazität von mindestens 50 Gigawatt zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das Wartungsprogramm für die EDF-Reaktoren allerdings ohne nennenswerte Verzögerung umgesetzt werden.“ Da Verzögerungen nie ausgeschlossen werden können, war das keine Garantie. Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber haben daraufhin bei ihrem Stresstest im Extremszenario mit maximal 40 Gigawatt Kernkraft in Frankreich gerechnet.
Die französische Energieministerin nutzte die Gelegenheit, um ihren deutschen Amtskollegen auf einen in Brüssel tobenden Grundsatzstreit anzusprechen. Deutschland versucht dort seit Jahren, Kernkraft im europäischen Regelwerk gegenüber „Erneuerbaren Energien“ zu benachteiligen. „Im gleichen Geist der Solidarität und der gegenseitigen Anerkennung der unterschiedlichen Wege, die unsere beiden Staaten zur Erreichung der CO2-Neutralität eingeschlagen haben, wünschen sich die französischen Behörden eine engere Zusammenarbeit mit ihren deutschen Partnern, um im europäischen Recht eine faire und ausgewogene Regelung zu schaffen“, schrieb Pannier-Runacher. „Die Dekarbonisierung des europäischen Energiemixes muss Priorität haben und gleichzeitig unsere Energieunabhängigkeit stärken.“
In Habecks Akten findet sich zudem ein Dokument zur Vorbereitung seines Telefonats mit der französischen Ministerin am 29. August 2022. Darin stand: „FRA betont, auf DEU Unterstützung bei Stromversorgung im kommenden Herbst/Winter angewiesen zu sein. FRA ist es wichtig, dass wir im Winter ausreichend Strom nach FRA liefern (explizite Erwähnung europ. Solidarität).“ Und als eigene Position dazu: „DEU sollte nicht die Verantwortung dafür bekommen, wenn FRA aufgrund der zunehmenden Alterung seiner AKW-Parks in Versorgungssicherheitsprobleme gerät.
@arminius_erben
Teil 4/4👇