Thema wie These versprechen viel mehr Emotion (Karrierefaktor 3), die er selbst nicht unbedingt mitbringt. Auf seiner Homepage lächelt „Prof. Dr. Karl Lauterbach“ eher wie Hannibal Lecter, der gerade sein nächstes Opfer begrüßt. Trotzdem ist sein Personal Branding – Karrierefaktor 4 – stimmig. Früher war die Fliege unterm Anzug sein Erkennungsmerkmal. Seit Corona sind es der leicht wirre Seitenscheitel und vor allem seine unnachahmliche Art, wirklich alles elend klingen zu lassen.
Das allein würde indes immer noch nicht reichen. Aber Lauterbach weiß: Um wirklich ein Star zu werden, musste er (Schritt 5) so oft wie möglich ins Fernsehen, zu Lanz und Will und wieder Lanz und „Stern TV“, und hatten wir Lanz schon erwähnt?
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach
Ein viel gefragter Mann in der Coronakrise: Karl Lauterbach hat stets eine klare Meinung, er ist in vielen Talkshows ein gern gesehener Gast.
(Foto: dpa)
Kennen Sie Günter Blobel, Reinhard Selten oder Bert Sakmann? Eben. Das sind alles deutsche Nobelpreisträger, die’s halt nicht so hatten mit TV-Auftritten. Lauterbach ist da weniger empfindlich.
Und seine wachsende TV-Prominenz erhöhte zugleich seinen Social-Media-Score, der als Faktor 6 jedes Karriereplans im 21. Jahrhundert wichtiger ist als irgendein offizielles Berateramt, das Lauterbach ja auch gar nicht hat. Allein auf Twitter folgen ihm mittlerweile rund 350.000 Menschen. Er ist ein Infektions-Influencer geworden. Der Kalauer sei hier deshalb erlaubt: Lauterbach geht viral.
Überhaupt weist er gewisse Parallelen zum Virus auf: Die einen haben Angst vor ihm, die anderen hassen ihn, wieder andere versuchen immer noch, ihn zu ignorieren oder halten ihn für ein Fake, was aber nichts mehr bringt.
Lauterbachs Bekanntheit wächst exponentiell. Seine rasante Verbreitung hat niemand kommen sehen. Und ebenso wenig weiß irgendwer, wie man ihn jetzt noch in den Griff kriegen soll. Auch nicht in der SPD, wo sie gewisse Erfahrungen haben mit Genossen, die irgendwann durchdrehen.
Unter völlig anderen Vorzeichen hatte sich zum Beispiel ein gewisser Thilo Sarrazin in den vergangenen Jahren zum SPD-Extremisten entwickelt. Er war einst Finanzsenator seiner Partei in Berlin. Dann wurden seine Thesen zu Migration und Ausländerpolitik immer steiler, bis die SPD ihn im vergangenen Jahr rausschmiss. Das hat zwar Sarrazins Zweitkarriere als rechter Mahner eher befeuert, aber Vorsicht ist geraten: Man kann alles übertreiben.
Finde immer extremere Thesen
Die siebte und letzte Sprosse auf der Karriereleiter ist deshalb nicht die unwichtigste, markiert aber zugleich den komplexesten Schritt: Finde immer extremere Thesen, ohne zu schrill oder langweilig zu werden!
Es muss schon ziemlich an Lauterbach genagt haben, dass nicht er, sondern Thüringens Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow als Erster einen kompletten Wirtschafts-Lockdown forderte. Lauterbach setzt sich im Gegenzug mittlerweile für einen totalen Stillstand von allem ein, so lange, bis die Inzidenz bei 25 liegt. Vielleicht fordert er auch bald 10. Solche Werte dürften indes erst erreicht sein, wenn sich die gesamte deutsche Bevölkerung in ihren Kellern selbst einpökelt.
Karl Lauterbach hat Corona viel zu verdanken: Aufstieg, Einladungen, Bedeutung. Dank der jüngsten Corona-Mutationen könnte es für ihn noch länger weitergehen. Eigentlich gäb’s ihn so, wie er nun ist, ohne das Virus gar nicht. Er lebt von ihm und ist darüber der Hammer geworden, der nur noch Nägel wahrnimmt.
Das sollten wir vielleicht bedenken, wenn er das nächste Mal die totale Katastrophe prophezeit (es kann sich nur um Minuten handeln): Leuten, die so abhängig werden vom Objekt ihrer einseitigen Mission, ist jedenfalls grundsätzlich zu misstrauen. Ganz egal, was sie sagen.
Sie sehen das anders – oder haben Anmerkungen, Fragen, vielleicht ein Thema, um das sich diese Kolumne auch mal kümmern sollte? Diskutieren Sie unten mit unserem Autor oder wenden Sie sich vertrauensvoll direkt an ihn: tuma@handelsblatt.com
Das allein würde indes immer noch nicht reichen. Aber Lauterbach weiß: Um wirklich ein Star zu werden, musste er (Schritt 5) so oft wie möglich ins Fernsehen, zu Lanz und Will und wieder Lanz und „Stern TV“, und hatten wir Lanz schon erwähnt?
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach
Ein viel gefragter Mann in der Coronakrise: Karl Lauterbach hat stets eine klare Meinung, er ist in vielen Talkshows ein gern gesehener Gast.
(Foto: dpa)
Kennen Sie Günter Blobel, Reinhard Selten oder Bert Sakmann? Eben. Das sind alles deutsche Nobelpreisträger, die’s halt nicht so hatten mit TV-Auftritten. Lauterbach ist da weniger empfindlich.
Und seine wachsende TV-Prominenz erhöhte zugleich seinen Social-Media-Score, der als Faktor 6 jedes Karriereplans im 21. Jahrhundert wichtiger ist als irgendein offizielles Berateramt, das Lauterbach ja auch gar nicht hat. Allein auf Twitter folgen ihm mittlerweile rund 350.000 Menschen. Er ist ein Infektions-Influencer geworden. Der Kalauer sei hier deshalb erlaubt: Lauterbach geht viral.
Überhaupt weist er gewisse Parallelen zum Virus auf: Die einen haben Angst vor ihm, die anderen hassen ihn, wieder andere versuchen immer noch, ihn zu ignorieren oder halten ihn für ein Fake, was aber nichts mehr bringt.
Lauterbachs Bekanntheit wächst exponentiell. Seine rasante Verbreitung hat niemand kommen sehen. Und ebenso wenig weiß irgendwer, wie man ihn jetzt noch in den Griff kriegen soll. Auch nicht in der SPD, wo sie gewisse Erfahrungen haben mit Genossen, die irgendwann durchdrehen.
Unter völlig anderen Vorzeichen hatte sich zum Beispiel ein gewisser Thilo Sarrazin in den vergangenen Jahren zum SPD-Extremisten entwickelt. Er war einst Finanzsenator seiner Partei in Berlin. Dann wurden seine Thesen zu Migration und Ausländerpolitik immer steiler, bis die SPD ihn im vergangenen Jahr rausschmiss. Das hat zwar Sarrazins Zweitkarriere als rechter Mahner eher befeuert, aber Vorsicht ist geraten: Man kann alles übertreiben.
Finde immer extremere Thesen
Die siebte und letzte Sprosse auf der Karriereleiter ist deshalb nicht die unwichtigste, markiert aber zugleich den komplexesten Schritt: Finde immer extremere Thesen, ohne zu schrill oder langweilig zu werden!
Es muss schon ziemlich an Lauterbach genagt haben, dass nicht er, sondern Thüringens Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow als Erster einen kompletten Wirtschafts-Lockdown forderte. Lauterbach setzt sich im Gegenzug mittlerweile für einen totalen Stillstand von allem ein, so lange, bis die Inzidenz bei 25 liegt. Vielleicht fordert er auch bald 10. Solche Werte dürften indes erst erreicht sein, wenn sich die gesamte deutsche Bevölkerung in ihren Kellern selbst einpökelt.
Karl Lauterbach hat Corona viel zu verdanken: Aufstieg, Einladungen, Bedeutung. Dank der jüngsten Corona-Mutationen könnte es für ihn noch länger weitergehen. Eigentlich gäb’s ihn so, wie er nun ist, ohne das Virus gar nicht. Er lebt von ihm und ist darüber der Hammer geworden, der nur noch Nägel wahrnimmt.
Das sollten wir vielleicht bedenken, wenn er das nächste Mal die totale Katastrophe prophezeit (es kann sich nur um Minuten handeln): Leuten, die so abhängig werden vom Objekt ihrer einseitigen Mission, ist jedenfalls grundsätzlich zu misstrauen. Ganz egal, was sie sagen.
Sie sehen das anders – oder haben Anmerkungen, Fragen, vielleicht ein Thema, um das sich diese Kolumne auch mal kümmern sollte? Diskutieren Sie unten mit unserem Autor oder wenden Sie sich vertrauensvoll direkt an ihn: tuma@handelsblatt.com