Hier ein wertvoller FB - Beitrag von Prof. Martin Schwab:
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JURISTISCHE FRAGEN AN EIN URTEIL AUS KLAGENFURT
Liebe Community,
Eine 54-jährige Frau (im Folgenden: die Angeklagte) wurde von einem Gericht in Klagenfurt wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, weil sie ihren krebskranken Nachbarn mit SARS CoV-2 infiziert und auf diese Weise dazu beigetragen habe, dass der Nachbar an COVID-19 erkrankt und anschließend verstorben sei. Dies geht aus einem RTL-Bericht vom 12.9.2024 hervor.
https://www.rtl.de/news/frau-54-verurteilt-weil-sie-ihren-verstorbenen-nachbarn-mit-corona-angesteckt-hat-id1825435.html
Zum Tathergang berichtet RTL, die Angeklagte sei ihrerseits an COVID-19 erkrankt und in Quarantäne gesetzt worden, habe aber gleichwohl das Haus verlassen und sich ohne Maske mit Menschen unterhalten – und eben auch auf dem Hausflur mit dem später verstorbenen Nachbarn. Die Angeklagte hatte ihrerseits bestritten, überhaupt die Wohnung verlassen zu haben. Außerdem sei sie nicht an COVID-19 erkrankt gewesen, sondern an einer Bronchitis.
Das Gericht in Klagenfurt schenkte, so verstehe ich den RTL-Bericht, dieser Darstellung der Angeklagten keinen Glauben. Es stellte vielmehr, sachverständig beraten, fest, dass das Virus-Genom, das bei der Angeklagten gefunden worden sei, fast zu 100% mit dem Virus-Genom übereinstimme, das beim Nachbarn gefunden worden sei. Eine solche Übereinstimmung sei nur sehr selten anzutreffen. Also müsse die Ansteckung des Nachbarn von der Angeklagten ausgegangen sein. Das Gericht erachtet es mithin als erwiesen,
- dass die Angeklagte in ansteckungsfähiger Weise mit SARS CoV-2 infiziert war
- und dass der Nachbar durch niemanden anders angesteckt worden sein kann als durch die Angeklagte, dass also anderweitige Prävalenz des Erregers ausgeschlossen ist.
Ich hoffe, dass ich die schriftliche Urteilsbegründung irgendwann in die Hand bekomme und genauer studieren kann. Denn es stellen sich mir die folgenden Fragen:
1. Konnte – und wenn ja, mit welcher Begründung – ausgeschlossen werden, dass der Tod des verstorbenen (immerhin krebskranken) Nachbarn eine andere Ursache hatte als COVID-19?
2. Konnte – und wenn ja, mit welcher Begründung – ausgeschlossen werden, dass in Wirklichkeit der später verstorbene Nachbar die Angeklagte angesteckt hat?
3. War der später verstorbene Nachbar auch anderen Menschen begegnet, die mit SARS CoV-2 infiziert gewesen sein könnten? Die genomische Übereinstimmung des Erregers, der bei der Angeklagten, und des Erregers, der beim später verstorbenen Nachbarn gefunden wurde, kann zwar ein Indiz dafür sein, dass die Übertragung zwischen diesen beiden Personen stattgefunden hat. Aber kann das als Beweis ausreichen? Wie viele Wohnparteien wohnen in dem Haus, in dem die Begegnung zwischen der Angeklagten und dem später verstorbenen Nachbarn stattgefunden haben soll?
4. Wie wurde die Ansteckungsfähigkeit des Erregers im vorliegenden Fall festgestellt? Wurde versucht, aus den Abstrich-Proben vermehrungsfähiges Virus in einem Wirtsorganismus anzuzüchten?
5. Da sich die Angeklagte darauf berufen hatte, sie sei nicht an COVID-19, sondern an einem anderen Atemwegserreger erkrankt gewesen: Wurde bei ihr und beim später verstorbenen Nachbarn nach anderen übertragbaren Krankheitserregern gesucht?
Sollte ich das Urteil aus Klagenfurt in die Hände bekommen, werde ich dazu eine Besprechung veröffentlichen.
Herzliche Grüße
Ihr und Euer
Martin Schwab
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@KlagePATEN_eu
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JURISTISCHE FRAGEN AN EIN URTEIL AUS KLAGENFURT
Liebe Community,
Eine 54-jährige Frau (im Folgenden: die Angeklagte) wurde von einem Gericht in Klagenfurt wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, weil sie ihren krebskranken Nachbarn mit SARS CoV-2 infiziert und auf diese Weise dazu beigetragen habe, dass der Nachbar an COVID-19 erkrankt und anschließend verstorben sei. Dies geht aus einem RTL-Bericht vom 12.9.2024 hervor.
https://www.rtl.de/news/frau-54-verurteilt-weil-sie-ihren-verstorbenen-nachbarn-mit-corona-angesteckt-hat-id1825435.html
Zum Tathergang berichtet RTL, die Angeklagte sei ihrerseits an COVID-19 erkrankt und in Quarantäne gesetzt worden, habe aber gleichwohl das Haus verlassen und sich ohne Maske mit Menschen unterhalten – und eben auch auf dem Hausflur mit dem später verstorbenen Nachbarn. Die Angeklagte hatte ihrerseits bestritten, überhaupt die Wohnung verlassen zu haben. Außerdem sei sie nicht an COVID-19 erkrankt gewesen, sondern an einer Bronchitis.
Das Gericht in Klagenfurt schenkte, so verstehe ich den RTL-Bericht, dieser Darstellung der Angeklagten keinen Glauben. Es stellte vielmehr, sachverständig beraten, fest, dass das Virus-Genom, das bei der Angeklagten gefunden worden sei, fast zu 100% mit dem Virus-Genom übereinstimme, das beim Nachbarn gefunden worden sei. Eine solche Übereinstimmung sei nur sehr selten anzutreffen. Also müsse die Ansteckung des Nachbarn von der Angeklagten ausgegangen sein. Das Gericht erachtet es mithin als erwiesen,
- dass die Angeklagte in ansteckungsfähiger Weise mit SARS CoV-2 infiziert war
- und dass der Nachbar durch niemanden anders angesteckt worden sein kann als durch die Angeklagte, dass also anderweitige Prävalenz des Erregers ausgeschlossen ist.
Ich hoffe, dass ich die schriftliche Urteilsbegründung irgendwann in die Hand bekomme und genauer studieren kann. Denn es stellen sich mir die folgenden Fragen:
1. Konnte – und wenn ja, mit welcher Begründung – ausgeschlossen werden, dass der Tod des verstorbenen (immerhin krebskranken) Nachbarn eine andere Ursache hatte als COVID-19?
2. Konnte – und wenn ja, mit welcher Begründung – ausgeschlossen werden, dass in Wirklichkeit der später verstorbene Nachbar die Angeklagte angesteckt hat?
3. War der später verstorbene Nachbar auch anderen Menschen begegnet, die mit SARS CoV-2 infiziert gewesen sein könnten? Die genomische Übereinstimmung des Erregers, der bei der Angeklagten, und des Erregers, der beim später verstorbenen Nachbarn gefunden wurde, kann zwar ein Indiz dafür sein, dass die Übertragung zwischen diesen beiden Personen stattgefunden hat. Aber kann das als Beweis ausreichen? Wie viele Wohnparteien wohnen in dem Haus, in dem die Begegnung zwischen der Angeklagten und dem später verstorbenen Nachbarn stattgefunden haben soll?
4. Wie wurde die Ansteckungsfähigkeit des Erregers im vorliegenden Fall festgestellt? Wurde versucht, aus den Abstrich-Proben vermehrungsfähiges Virus in einem Wirtsorganismus anzuzüchten?
5. Da sich die Angeklagte darauf berufen hatte, sie sei nicht an COVID-19, sondern an einem anderen Atemwegserreger erkrankt gewesen: Wurde bei ihr und beim später verstorbenen Nachbarn nach anderen übertragbaren Krankheitserregern gesucht?
Sollte ich das Urteil aus Klagenfurt in die Hände bekommen, werde ich dazu eine Besprechung veröffentlichen.
Herzliche Grüße
Ihr und Euer
Martin Schwab
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