Rahela hat die Ruhestätte fotografiert
Trauer und Hoffnung
Liebe Freunde und Kameraden,
die letzten Monate in Innas Leben, ihre Einsamkeit in den Augenblicken der Not macht mich nachdenklich, betroffen und resoniert mit meinen Zweifeln. Die Erinnerung an die fein abgestimmte Rettungsaktion dagegen weckt Hoffnung.
Inna Abramovna war nicht einfach. Unser erstes Telefonat beendete sie mit der Ansage, dass sie mit einer Nichtmusikerin nichts zu besprechen habe. Ich musste meine Hausaufgaben machen und mich mit Innas Musik vertraut machen – die ich bis dahin nicht kannte – um weiter zu kommen. Wollte Inna „Danke“ sagen, schrieb sie Musik. „Ich kann nicht mit Worten sprechen. Ich könnte doch durch Musik kommunizieren?“ Diese Unbeholfenheit ging unter die Haut, doch konnte ich aus der Ferne nichts gegen ihre Einsamkeit ausrichten, ich konnte nur anrufen.
Doch dann fand sich vor Ort ein Kamerad, der Inna Abramovna wunderschöne Momente schenkte: Gesellschaft, Unternehmungen und Ausflüge. Er wurde zum wichtigsten Menschen für sie. Dafür bin ich dankbar. Als dann aber ein stilles Leben einkehrte mit Herausforderungen, die ein älterer Mensch und auch noch eine Diva mit sich bringt, ebbte das Interesse ab. Inna Abramovna rief an und fragte, was sie falsch gemacht habe, denn ihr neuer Freund kam und meldete sich nicht mehr. Und irgendwie ließ sich niemand vor Ort finden, um Inna Abramovna am 7. Oktober zum Konzert nach München zu fahren, - ihrem letzten Konzert -, wo Philipp von Morgen eine ihrer Lieblingskompositionen auf die Bühne gebracht hatte -
Andante (In memoriam Alfred Schnittke). Erst der Tod entfachte erneut das Interesse.
Ich beobachte eine beunruhigende Verschiebung im Widerstand. „Verlass dich, und du wirst verlassen“ ist immer mehr der Alltag. Das Miteinander nimmt im gleichen Masse ab, in dem die Bedeutung von Klicks und Spenden zunehmen. Dort, wo man zusammen agieren und so wirklich etwas bewirken könnte, gibt es konkurrierende Unternehmungen die wie das gegenseitige Ellenbogenschubsen anmuten. Und indem man selbst immer weniger Hilfe bekommt, kann man immer weniger helfen. Wie ich erst vor Kurzem einem Kameraden schrieb „Wenige von uns sind am Gegner gescheitert, doch eine Menge – an den Kameraden“. Innas Ableben hat mir mein eigenes mehrfaches Scheitern nochmal ins Gedächtnis gerufen. Wir scheitern, wenn wir auf einander nicht zählen können. Doch wir können anders, und das freie Leben von Inna Abramovna Zhvanetskaya mitten im geliebten Notenchaos beweist das.
Ein Kamerad lehrte mich diesen schönen Spruch „
Wo man singt, da lass Dich nieder! Nur böse Menschen kennen keine Lieder.“ Ich hoffe, dass Inna an so einem Ort ist. Ich hoffe, dass wir alle so einen Ort für uns schaffen können.
Das abschließende Wort richte ich an Inna Abramovna und an die Freunde und Kameraden, die sich darin wiederfinden mögen. Geschrieben gemeinsam mit Andrea Christidis:
Ein wunderbarer Mensch ist mit Würde von uns gegangen, obwohl man ihm die Würde nehmen wollte. Inna Zvanetskaya schenkte uns den Segen eines geretteten Lebens und des Guten in uns. R.i.P.
Eure Mascha
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